für die (meisten) Großwohnsiedlungen ist meines Erachtens ihr Ruf schlechter als sie tatsächlich sind. Da hier ja das MV angesprochen wird: Da wurde in den letzten Jahrzehnten durchaus sehr viel investiert und die Wohnungen sind dadurch auch bei den Bewohnern nicht
unbeliebt (TSP). Problem bleibt halt die Stigmatisierung durch Stadtrandlage, die Historie und den verqueren Städtebau, aber das macht die Siedlung noch lange nicht "unlebenswert". Konkrete Maßnahmen zur Erhöhung der Wohn- und Freiraumqualitäten gibt es dort bspw.:
1) Von Land/Bund mit INSEK und einer doch sehr umfangreichen Zahl an Projekten
https://www.stadtentwicklung.berlin...ge-erneuerung/Maerkisches-Viertel.4221.0.html
2) Von der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft Gesobau sind die Gebäude dort Modellprojekt für eine energetische Sanierung:
https://www.gesobau.de/fileadmin/us...sierung_des_Maerkischen_Viertels_2009_web.pdf
3) ... und auch das private Einkaufszentrum wird gerade aufwendig saniert und um (wahrscheinlich nicht günstige) Wohnungen ergänzt:
https://www.architektur-urbanistik.berlin/index.php?threads/märkisches-viertel-zentrum.740/
Das MV ist durchsetzt mit Einfamilienhäusern. Mehr soziale "Mischung" kann ich mir da nur schwer vorstellen. Auch da das Konzept der "Durchmischung" kritisch hinterfragt
wird. Probleme im sozialen Miteinander sind ja meistens Ausdruck von tieferliegenden Problemen, wie einem Mangel an sozialen Einrichtungen, Pflege der Gebäude und Freiflächen etc.. Niemand würde im Grunewald/Halensee/Wannsee den Bau von Sozialwohnungen fordern, bloß weil sich die Leute da um die Tennisplätze und Seezugänge streiten.
Aus mancher Perspektive ist die Anbindung des MV an den Nahverkehr nicht perfekt. Aber auch hier gab es ja die Machbarkeitsstudie für die U-Bahn, mit dem Ergebnis das eine U-Bahn-Verlängerung vor allem teuer und aufgrund der städtebaulichen Struktur wenig effektiv ist. Im MV gibt es zur Zeit ein im Berliner Vergleich sehr dichtes Busnetz mit Direktverbindungen zu vielen anderen Stadtteilen. Und gerade das müsste zur U-Bahn-Finanzierung/Auslastung massiv eingeschränkt werden. Und wird dadurch der Nahverkehr dort dann attraktiver?
Edit: Für einen Einblick, wie das MV zur Entstehungszeit schon kritisch hinterfragt wurde, empfehle ich mal bei der Aktion 507 (Wikipedia) reinzuschauen. Dort ist auch das von der Studierendengruppe 1968 erarbeitete Manuskript zur Kritik an der Berliner Bauwirtschaft verlinkt.
Back to topic zum Blankenburger Süden:
Sofern der kritische Fehler der damaligen Zeit - der autogerechte Städtebau - nicht wiederholt wird sowie ausreichend Raum und Finanzierung für sozio-kulturelle Einrichtungen da ist, kann ich bei den vorgestellten Konzepten erstmal keine groben "Probleme" erkennen.
Natürlich ist die Planung neuer Stadtteile auf der grünen Wiese aus Perspektive der Flächensparsamkeit nicht schön, aber auch die Innenentwicklung und Nachverdichtung im übrigen Berlin sorgt für anhaltende Proteste.
Da wir das Bauen generell nicht verbieten wollen (
was ein Teil der Fachwelt übrigens fordert), ist ja eigentlich immer noch der gesellschaftliche Konsens, dass beliebte Städte halt wachsen 'müssen'. Hier im Blankenburger Süden wird von den Anwohner*innen aber eben genau die Nichtrealisierung (hier wortwörtlich not-in-my-backyard) gefordert, ohne auf die doch inzwischen umfangreichen Ideen zur sozialen/kulturellen/
verkehrstechnischen Aufwertung der umliegenden Stadtteile konstruktiv einzugehen.
Hauptproblem beim MV war ja gerade eben das überstürzte Losbauen, die Verquickung der Westberliner Parteien mit der Bau- und Wohnungswirtschaft (der berühmte Filz) und der fehlende 'human scale' der Gebäude. Die Architektur wurde ja damals schon kritisiert, aber den Komplettabriss bloß aufgrund des (immer noch subjektiven) Missfallens des Städtebaus zu fordern ist meiner Meinung nach schon etwas polemisch. Aber vielleicht brauch es ja gerade diese Polemik damit wir in Zukunft nicht die selben Fehler wieder machen
Und eben das wird allen Anschein nach aber alles beim Blankenburger Süden nicht zutreffen. Gerade die lange Planungszeit und ausgiebige Beteiligung (der sehr kritischen Bürger*innen) und die damit verbundene hohe Qualität der Pläne lässt mich doch verhalten positiv auf das Projekt schauen. Die städtebaulichen Konzepte sind durchaus stimmig und setzten hier wirklich mal verschiedene Schwerpunkte. Hoffentlich wird das viele Gute in den Konzepten aufgegriffen, die Architektur ähnlich vielfältig wie die Konzepte für den Städtebau und die öffentlichen Räume/Erdgeschosszonen weiter so detailliert geplant, wie es gerade für Städtebau und Verkehr gemacht wurde. Und was sich bspw. in der Hamburger HafenCity zu bewähren scheint, ist es zentrale Baufelder erstmal freizuhalten um später nachjustieren zu können, wenn dann unvorhergesehene Probleme auftauchen sollten. Mein persönlicher Wunsch wäre damit auch beim Blankenburger Süden Platz für Unwägbarkeiten zu lassen.